Sechs Wochen Erlebnisfülle in der Baja, unserer Walheimat. Sagenhafte Begegnungen mit den Walen und vielen springenden Delfinen sollen nicht darüber Hinweg täuschen, dass die Wale es in Zeiten eines sich rasant verändernden Klimas besonders in ihren Nahrungsgründen nicht leicht haben.
Unsere Zeit hier neigt sich dem Ende entgegen. Einerseits ruft Europa wieder und andererseits habe ich das Gefühl, dass ich noch ein paar Mal aufs Meer fahren könnte, um mit den Walen zu sein. Zurzeit ist das Wetter „bajalike“. Das Meer glatt wie ein Spiegel. Das hatten wir natürlich auch manchmal anders während der letzten 4 Wochen mit unseren Gästen die Baja Sur rauf und runter tourend.
Buckelwale
Die Buckelwale versammelten sich zahlreich vor Ort – am „Lands end“, wo Pazifik und Sea of Cortez zusammentreffen. Jedes Jahr kommen ca. 4000 Buckelwale zum südlichen Zipfel der Baja, um sich zu paaren und zu gebären. Dabei ist wichtig zu verstehen, dass sie nicht alle zur gleichen Zeit hier sind, sondern vielleicht jeder einzeln nur zwei Wochen. Nur die Mütter mit ihren Kälbern bleiben natürlich so lange, bis das Kleine fit für die lange Rückreise in die kälteren Gewässer der Fressgründe in Alaska ist.
Gleich auf unserer ersten Tour sahen wir in zwei Stunden alle möglichen Verhaltensweisen, für die man sonst manchmal zwei Jahre braucht, bevor man diese sehen darf. Was für ein Geschenk! Zum Beispiel die imposanten Brustflossen eines Buckelwals in den Himmel hinauf ragen zu sehen. Oder das Geräusch dazu zu hören, wenn diese aufs Wasser klatscht. Head slap (mit dem Kopf aufs Wasser schlagen, meist mit Wasser im Maul) Peduncle throw (das letzte Körperdrittel durch die Luft schleudernd). Und die Sprünge erst! Sie sind immer wieder „mindblowing“ und kommen fast immer unerwartet. Klar, dass die zweite Tour etwas weniger beeindruckend war. Das Gefälle war groß!
Blauwale
Die Blauwale kamen später, so auch die Grauwale. Beide Spezies waren weniger zahlreich vertreten als in den Vorjahren. Einige Blauwale erschienen „skinny“ – auf Deutsch: man kann die Rippen zählen.
Insgesamt zählte man ca. 15 Blauwale im Meeresschutzgebiet Loreto, unterwegs, um zu fressen. Auf einer Ausfahrt konnten wir einige Krill-Flecken gut zu sehen. Besonders schön ist es natürlich, wenn sich dieser Gigant beim Auftauchen nicht an den 100 Meter Mindestabstand zum Boot hält.
Leider haben wir dies Jahr keinen „Fluker“ sehen dürfen. Nicht alle Blauwale heben vor dem Tauchgang die Schwanzflosse in die Höhe. Wissenschaftler sagen, ca. 20% tun dies. Aber meine Vermutung ist, so ganz genau weiß man das nicht. Wir haben schon Blauwale gesehen, die nur gelegentlich die Fluke anmutig in die Höhe gehoben haben, bevor sie abtauchten.
Grauwale
Ähnlich sah es bei unseren „Herzensbrechern“, den Grauwalen aus. Sie kamen spät und verließen die Buchten eher und insgesamt waren es weniger Wale. Als wir das erste Mal ins Camp kamen, waren 149 Single Wale und 46 Mutter/Kalb Paare gerade gezählt worden. Als wir das zweite Mal vor Ort ankamen, waren es nur noch 60 Single Wale und 16 Mutter/Kalb Paare. Dazwischen lagen 9 Tage. Warum und wieso? Die Wissenschaftler der San Ignacio Lagoon Forschungsstation versuchen Antworten auf diese hochkomplexen Fragen zu finden. Diese Antworten sind sicher zu einem großen Teil bei dem sich rasant verändernden Wetter Phänomenen wie z.B. dem Blob und der andauernden El Nino Situation zu suchen.
Die Wale haben zum Beispiel in der San Ignacio Lagoon mit größeren Schwankungen der Wassertemperaturen zu tun. Der Tidenhub ist oft sehr gravierend und die Temperaturen der Lagune schwanken von 15 – 21 C Grad. In Jahren mit kälterem Wasser ziehen die Grauwale oft weiter in den Süden. So auch dies Jahr. Wir sahen auch zwei Grauwale an der Südspitze der Baja, einen in der Bucht von La Paz in der Sea of Cortez.
Weiterhin wurde eine Mutter mit Kalb in der Sea of Cortez gesichtet. Relativ sicher ist, dass das Kalb dort geboren wurde. Bei einer Sichtung der beiden begleiteten sie permanent Delfine (Großen Tümmlern) … ohne Worte!
In manchen Jahren ziehen nicht wenige Grauwale weiter in die Sea of Cortez – das war dieses Jahr auch so. Leider gab es Mitte Februar schon so viele Strandungen von Grauwalen wie sonst in der ganzen Saison (über 40). Strandungen sind scheinbar natürlich und kommen jedes Jahr vor. Vermutlich ist es so, dass nur die stärksten und gesündesten Wale überleben. Da sind Strandungen ohne Einwirkung von außen gemeint.
Dieses Jahr werden es sicher über 60 Strandungen insgesamt sein. Auch in der Bucht von San Francisco strandeten zwei einjährige Grauwale. Einer unterernährt und einer vermutlich nach einer Kollision mit einem Schiff. Es wird sich zeigen, wie Einflüsse unserer klimatisch unberechenbaren Zeit sich auf die Wal-Populationen auswirken werden.
Klar, wenn man einen Wal berührt und streichelt, baut man eine Beziehung auf und möchte, dass dieses Wesen und seine Artgenossen alle heil oben in der Arktis und dem Beringmeer ankommen und dort vor allem ausreichend zum Fressen finden…
Wir hatten wunderbare Touren in der Lagune. Es ist einfach immer wieder einzigartig, dass es möglich ist, einem wilden Wesen so nah und intensiv zu begegnen. Wobei die Wale ganz klar entscheiden, ob sie zum Boot kommen oder nicht. Wir sind einfach nur präsent. Oft haben sie auch keine Zeit für Kontakt mit den Booten. Wenn durch den Gezeitenfluss die „Gegenstromanlage“ gerade an ist, müssen die Mütter ihre Kälber trainieren. Auch stehen erste Ausflüge in den Pazifik auf dem Programm, wenn das Kalb schon einige Wochen auf seinen kleinen „Höckern“ hat.
Einmal mehr ist unser diesjähriger Abschiedsgruß ein Walblas über das ganze Boot – komplett nass und freudig, machen wir uns auf dem Rückweg zu unseren Hütten. Gute Reise, wünsche ich. See you next year!
Die Lagune hat natürlich so viel mehr zu bieten! Die liebevolle Betreuung im Camp. Freunde wieder zu treffen oder Freundschaften zu schließen.
Die Schlichtheit der Landschaft, die Abendhimmel, die unzähligen, wunderschönen Muscheln am Strand, die Mangroven, die Kojoten, die im Watt auf Nahrungssuche gehen, die Fischadler und Pelikane, das Gefühl wirklich in einer Wüste oder an einem einsamen Ort in der Natur zu sein… Das allein, ist ein Besuch wert.
Springtime
Mehrfach wurden wir von Großen Tümmlern begleitet. An Mana Geburtstag haben sie die Heckwelle unseres Bootes genossen und sprangen häufig aus der Welle – direkt vor die Kamera. Was für ein tolles Geburtstagsgeschenk!
Walhaie
Es bereitet mir eine große Freude, zu berichten, dass der einzigartige Management Plan der San Ignacio Lagoon auf die La Paz Bay und die Walhaie übertragen wurde. Seit zwei Jahren ist das Schwimmen mit den Walhaien reguliert und das tut allen Beteiligten gut! Es gibt eine Schwimmzone, wo nur 14 Boote gleichzeitig sein dürfen (von insgesamt ca. 80!). Eine Zone für die Wissenschaftler und eine Zone, wo niemand hindarf, solange die Walhaie vor Ort sind (ca. von Dez bis April). Unser Schiff wurde bei jedem Besuch kontrolliert, z.B. ob Kapitän und Guide eine Lizenz haben und wir die Armbändchen für den Besuch in der Zone. Seit diese Regulationen eingeführt wurden, ist die Situation viel entspannter und damit, wie gesagt, für alle Beteiligten sicher angenehmer. Regeln und Absprachen machen das Zusammenleben meist einfacher – auch zwischen Fischen und Menschen.
Mir wird noch einmal klarer, dass wir das Plastikproblem unseres Planeten in den Griff kriegen müssen und ich werde darauf achten noch weniger, davon zu kaufen und zu benutzen. Plastik ist leider als Mikroplastik omnipräsent. Man findet es in allen! Lebewesen und mongolischen Seen. ÜBERALL! Auf Reisen ist das leider besonders schwer, da man Trinkwasser nur in Plastik kaufen kann.
Abschied
Und nach vier Wochen finden wir uns nun in der Partyzone Cabos wieder. Noch einmal geht es aufs Meer! Wir genießen die glatte Meeresoberfläche und die kraftvollen Bewegungen von insgesamt 6 ausgewachsenen Buckelwalen. Wir lauschen dem kraftvollen Blas beim Ausatmen. Es ist einfach ein Genuss in der Nähe von Walen zu sein. Als dann auch noch einer direkt am Boot „out of the Blue“ einfach springt, ist es um mich geschehen! Wow, schöner können unsere Baja Reisen nicht enden!
Susanne Braack, März 2019