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Jetzt ist es raus! Die neuste Forschung gibt Einblicke in das Genom der Bartenwale  und zeigt Überraschendes: Grauwale gehören in die Familie der Furchenwale. Bislang waren Grauwale in einer eigenen Familie neben den Furchenwalen eingeordnet: Eschrichtius (robustus). Auch der Buckelwale galt als eigene Gattung innerhalb der Furchenwale.

Forscher haben sich die Mühe gemacht, sich noch einmal einen tiefen Blick in die genetischen Stammbäume der großen Wale dieser Welt zu genehmigen.
Erstmals wurde das komplette Genom des Blauwals und weiterer Furchenwale, darunter Buckelwal und Grauwal, sequenziert. Durch DNA-Vergleich konnten die Forscher so Stammbaum und Evolution der Furchenwale rekonstruieren.
Blauwale sind übrigens den Seiwalen genetisch am nächsten und die Buckelwale den Finnwalen. Wer hätte das gedacht?

Bkauwal taucht ab, Sea of Cortez

Blauwal taucht ab, Sea of Cortez,

Artbildung mit Genfluss
Interessantes bringt die Meeressäuger Forschung hervor: Die Furchenwale haben sich während und nach ihrer Artbildung immer wieder über die entstehenden Artgrenzen hinweg gepaart. „Diese sogenannte Artbildung mit Genfluss gilt in der Natur als selten“, erklärt Wissenschaftler Lammers.

Die Grauwale sind trotz ihrer unterschiedlichen Morphologie dann doch keine eigene Gattung innerhalb der Bartenwalgruppe. Was sie auf jeden Fall sind: die Herzeroberer unter den großen Walen. Jedes Jahr erleben wir im größten Biosphären Gebiet der Welt „Vizcaina“ diese sogenannten freundlichen Wale in den ostpazifischen Lagunen.

Graywhhale close to the boat, Baja California

Grauwal am Boot, zum Streicheln nah

Auch im Westen des Pazifiks gibt es eine Population. Dachte man zumindest. Doch die Realityshow der Grauwale sieht etwas anders aus: Wale, an denen Sender angebracht wurden, wurden „mittenmang“* zwischen den ostpazifischen Gruppen gefunden und eben auch in der San Ignacio Lagoon, wohin wir jedes Jahr mit den Walen migrieren.

Bis zum Mond und zurück
Interessant ist auch, dass viele Individuen und Mutter/Kalb Paare bevor sie die lange Reise in den hohen Norden antreten, noch einmal in die San Ignacio Lagoon kommen. Kann man dort besonders gut Kraft tanken für die fordernde Strecke von ca. 5000 Meilen? Meilen! Sie halten den Weltrekord im Langstreckenschwimmen – schaffen sie doch in ihrem Leben ca. diese Entfernung: Bis zum Mond und wieder zurück.

Zeichnung von Grauwal Mutter und Kalb

Eine lange Reise legen die beiden zurück

Nicht nur Orcas
Traurig macht es mich immer, dass 30% der Kälber es nicht schaffen, dort oben anzukommen. Einige Schwertwal-Gemeinschaften ziehen es vor Warmblüter zu fressen und dabei haben sich leider auf Grauwal-Babies spezialisiert.
Aber auch Schiffskollisionen und Verheddern in Fischereimaterialien steht auf der Liste der Bedrohungen dieser urtümlich aussehenden Wale, die sehr küstennah zu finden sind.

Speck – Exchange
Dabei gibt die Mutter alles, um ihren Augenstern, das kleine Kalb, aufzuziehen und fit zu machen für die „Walfahrt“ gen Norden. Das Grauwalbaby wird zu einem kleinen Ballon in der Lagunenzeit und die Mutter verliert viel Gewicht. Bei ihnen funktioniert die sogenannte Speck-Übertragung. 😉
Ihre Leibesfülle klettert bis zu 68% ihres ursprünglichen Gewichtes nach unten! Die Mütter immer ruhebedürftiger… und die Kälber werden größer und agiler und wie alle kleinen Wesen, wollen sie die Welt entdecken und fangen dann an mit den anderen Kälbern zu balgen.

Zahlen der Grauwal Zählung März 2017

Zahlen der Grauwal Zählung März 2017

In diesem Jahr, 2018, waren die Zahlen der Grauwale sehr befremdlich: 27 Mutter/Kalb Paare und 114 Einzeltiere.
2017 waren es bei unserer Ankunft zu fast dem selben Termin: 79 Mutter/Kalb Paare und 120 Singles.
Die Zahlen waren in den letzten Jahren sehr ähnlich und stabil. Doch alle paar Jahre gibt es diese starken Schwankungen… Die Gründe? Nächste Frage!
Man weiß es nicht genau, es könnte mit der komplexen Wettersituation „La Nina“ auf der Südhalbkugel zu tun haben.

Auge eines Grauwals

Auge eines Grauwals

Was sind noch mal Dias?
Einige Grauwal-Individuen sind seit 40 Jahren bekannt! Einer der führenden Grauwalforscher Steven Swartz berichtete uns dieses Jahr, dass er seine alten Dias aus den 70er Jahren entsorgen wollte. Seine Frau allerdings, auch Wissenschaftlerin, meinte, nein, diese sollten wir der Forschung an der Universität in La Paz zur Verfügung stellen. Gesagt. Getan. Dr. Jorge Urbán war sehr erfreut. Studenten ? nahmen gleich die Arbeit auf. Und schon nach kurzer Zeit bekam Steven einen Anruf von Dr. Urbán. Innerhalb weniger Tage hatte man bereits 23 „Matches“ – Übereinstimmungen gefunden. Sprich, diese Wale kamen schon in den Siebzigern in die Bucht – und tun es heute immer noch!

Kultureller Wandel
Auch für die Wale muss es ein großer (Kultur) Wandel sein – es gibt mehr Boote (die Anzahl ist allerdings schon seit vielen Jahren begrenzt) als vor 40 Jahren. Mehr Menschen, die quieken, freudig rufen, sanft säuseln oder ehrfürchtig schweigen, wenn sich die Grauwale mit den Booten/Menschen beschäftigen und sich ihre Streicheleinheiten abholen – die kleinen Teufelsfische*.
Übrigens bleibt der Motor der Boote bewusst immer an, denn so können die Meeressäuger das Boot orten und der Frequenzbereich des Motors ist ihren Tönen zum Teil ähnlich, ist also nichts, was sie stört. Es zieht sie eher an.

Grauwal wird gestreichelt

Berühren und berührt sein…

Human Brother is listening to you – and now also watching you
Eines der aktuellen Forschungsprojekte ist im Bereich der Akustik angesiedelt. 11 verschiedene Töne sind identifiziert worden. Nun möchte man diese einem bestimmten Verhalten zuordnen, um dessen Bedeutung zu ermitteln. Dafür gibt es jetzt einen hohen Turm am Ufer der Lagune, von dem aus verhaltensbiologische Studien gemacht werden. und die Forschung Töne und Verhalten zusammen bringen möchte. Die Lagune wird schon seit längerer Zeit mit Unterwassermikrofonen abgehört. Das Verhalten an der Wasseroberfläche soll nun mit den aufgezeichneten Tönen synchronisiert werden.

Ob Wale Probleme mit Privatsphäre und Datenschutz auch kennen?
Weiterhin werden neuerdings Drohnen in der Forschung eingesetzt speziell, um heraus zu finden, wie verhalten sich Mütter und Kälber. Was sind gute Bedingungen für sie? Wie könnte man sie stärken und unterstützen? Grauwal-Damen gebären übrigens ihr Leben lang. In Zeiten des Walfangs hat man ein Weibchen von 80 Jahren getötet. Und sie war schwanger!

Gute Entscheidungen braucht die Welt
Wie gut, dass vor ca. 30 Jahren einer unserer Kapitäne Chicharo mit dem damaligen Präsidenten (Zedillo) Mexikos zu  den Walen in die Bucht gefahren ist, denn dadurch konnte der Bau einer riesigen Entsalzungsanlage eines japanischen Unternehmens verhindert werden. Zum Glück war das Gebiet gerade vorher Biosphärenreservat geworden. So konnte der Präsident auf dieser Grundlage gegen die Nutzung und Industrialisierung der Lagune argumentieren. Wie gut!

Es geht auch freiwillig
Die Welt wäre ärmer ohne diesen herzerwärmenden Raum der Begegnung zwischen Wal und Mensch! Ein Raum, der von Menschen gut beschützt und gemanagt wird. Die Regulationen hat sich die Gemeinschaft selbst auferlegt, diese sind strenger als die gesetzlichen Vorgaben des Staates. Bemerkenswert!

Freundliche Grauwal Dame nah am Boot

Freundliche Grauwal Dame nah am Boot

Auch das Drumherum jenseits der Wal-Begegnungen ist herzerwärmend und begeisternd oder um es etwas funktionaler ausdrücken: Best-Practice in action.
„Geht doch“ – denke ich innerlich. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass wir als Menschheit die Kapazitäten und das Know How sowieso haben, diesen blauen Planeten wieder zu dem zu machen, was er ist und ihn entsprechend zu behandeln: Unsere Lebensgrundlage – unser fliegender Teppich in einem immensen Weltall: unsere Nahrung, unsere Quelle, unsere Inspiration, unser (Über) Leben.

Das, was in Bajas Lagunen passiert, ist ein Fest: Ein Fest zwischen Mensch und Wal, ein Fest, dass gefeiert werden will.

Zur Migration 2019 hier entlang ?

Eindrücke unserer diesjährigen Begegnungen – www.mitdenwalenumdiewelt.de

Susanne Braack

*mittenmang – norddeutsch für mittendrin
* Teufelsfische – wurden die Grauwale genannt zu Walfangzeiten, da sie kleine Holzboote zerschmetterten, wenn sie angegriffen wurden

Einzelheiten des wissenschaftlichen Berichts durch Fritjof Lammers vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt
San Ignacio Investigation, Baja California

Fotos: Susanne Braack. Grauwalauge: Erich Hanzl

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