Das Leben der Delfine ist sexy. Wie und mit wem und wie oft tun sie „Es“ eigentlich?
Also okay: Let’s talk about sex!
Dafür ist es gut, das menschliche oder eben persönliche Verständnis von Sexualität für die Länge des Berichts beiseite zu schieben, um ganz offen in die sexy Welt der Delfine – und Wale – einzutauchen.

Die Kraft der Berührung
Delfine sind sehr taktil. D.h. sie berühren sich oft und viel, besonders mit den Brustflossen, die sehr sensibel und empfindsam sind, da dort viele Nervenenden zusammen laufen. Diese kurzen Berührungen stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl, geben dem anderen Delfin das Gefühl: Alles in Ordnung, ich bin noch dein Freund/in. Ich bin an deiner Seite – im wahrsten Sinne des Wortes.
Weibchen mit einem Jungem nutzen die Kraft der Berührung, um ihre wilden Kälber, wenn sie neugierig in der Meereswelt unterwegs sind, zu beruhigen und „runter zu bringen“. Das kennen wir vielleicht aus eigener Erfahrung wie sehr eine Berührung, eine Umarmung Wunder wirken und unser Nervensystem beruhigen kann.

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Um die Freundschaftsbande und die Zusammengehörigkeit zu pflegen, wird auch der Geschlechtsakt genutzt. Dieser dauert bei Delfinen nur ein paar Sekunden. Dies scheinen sie über die Häufigkeit des Liebesaktes wieder auszugleichen… Da kommt auch der Spaßfaktor ins Spiel. Delfine haben nicht nur Sex, um sich fortzupflanzen – sondern einfach so, weil es Spaß macht! Kennen wir irgendwo her…

Übung macht den Meister
Delfine tun es oft und mit vielen wechselnden Partnern – das ist Teil ihrer gesellschaftlichen Struktur.
Es wurde sogar beobachtet, dass eine Mutter mit ihrem männlichen Kalb den Geschlechtsakt übt, damit das Söhnchen es dann kann, wenn es drauf ankommt, die Gene weiterzugeben.
Auch masturbieren (sich auf dem Meeresgrund schuppern und stimulieren) und gleichgeschlechtliches Stimulieren, Üben und Ausprobieren wurde beobachtet. Die gegenseitige Stimulation passiert über die Berührung des Schnabels und über sehr gebündelte Töne an dem Genitalschlitz des anderen Delfins. Dieses sogenannte „buzzing“ (es handelt sich um eine Abfolge sehr komprimierter Sounds) haben Delfine auch schon Menschen gegenüber eingesetzt…
Weibchen werden ca. im Alter von 9 Jahren geschlechtsreif, die Männchen erst mit ca. 15 Jahren. Das sexuelle Üben und Ausprobieren beginnt allerdings sehr viel früher. Die Geschlechtsreife variiert allerdings von Art zu Art. Blauwalweibchen werden z.B. mit 5,6 Jahren geschlechtsreif.

Delfine lieben sich Bauch an Bauch
Atlantische Fleckendelfinweibchen zum Beispiel haben 1-3 pro Jahr einen Eisprung, sprich eine fruchtbare Phase, was die Männchen vermutlich an ihrem Urin schmecken.
Bei nur wenigen Arten im Tierreich geschieht der Geschlechtsakt Bauch an Bauch. Delfine zählen dazu und lieben sich Bauch and Bauch.
Es ist aber eine Variante bekannt, bei der das Männchen seitlich leicht hinter dem Weibchen schwimmt und seinen Penis, der recht beweglich und lang ist, seitlich in den Genitalschlitz des Weibchens schiebt.

Pink Floyd?
Ein Delfinpenis ist ja schon beachtlich groß, was soll man dann erst zu den „Geräten“ der großen Wale sagen? Dieses Jahr ist es mir gelungen auf unserer Vamos Baja California Reise in Mexiko so ein beeindruckendes „Teil“ von einem Grauwal fotografisch einzufangen. Bei den Grauwalen wird dieser „Pink Floyd“ genannt.

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Was auch beweist, dass das Geschlechtsorgan der Männchen im gleichgeschlechtlichen Kampf um ein fruchtbares Weibchen eingesetzt wird. Es geht nicht gerade zimperlich zu, wenn die Hormone spielen… die Männchen untereinander beharken sich da zum Teil recht rüde und kämpfen untereinander, um die Gunst des fruchtbaren Weibchens.
Der Grauwalforscher S. Swartz berichtet: „ Im Januar und im Februar haben wir sehr viele Paarungsaktivitäten beobachtet, die manchmal in gigantischen „Jeder mit Jedem-Gruppen“ gipfelten. Das waren so 18 – 20 Individuen, mit Brustflossen und Fluken in alle Richtungen fliegend und viel aufgewühltem weißen Wasser. „
Oft unterstützen sich die Männchen aber auch, damit das ganze Unternehmen auch zielführend ist, zumindest für ein Männchen. Bei Grauwalen ist bekannt, dass ein Männchen durchaus einem anderen Männchen beim Paarungsakt zu hilft, in dem es das behäbige Weibchen auf der Seite liegend mit den Brustflossen stützt, damit das andere Männchen den kurzen Geschlechtsakt vollziehen kann.

Dadurch, dass die Weibchen sich mit verschiedenen Männchen paaren, ist niemals bekannt, wer der Vater des neugeborenen Kalbs ist. Die uns bekannte Rolle des Vaterseins gibt es in Delfingesellschaften in dieser Form nicht. Allerdings werden auch männliche Delfine beim Babysitten beobachtet.

Die Mischung macht es
Hat ein Weibchen ein Kalb geboren, ist es vorbei mit dem Interesse an der Männerwelt – dann ist das Kalb der Mittelpunkt im Leben des Delfinweibchens – ihr Augenstern sozusagen. Was nicht heißt, dass Männchen trotzdem hier und da mal ihr Glück versuchen.
Bekannt ist auch eine speziesübergreifende Fortpflanzung zwischen Fleckendelfinen und Großen Tümmlern auf den Bahamas, wie die Forscherin Denise Herzing weiß. Hier scheint es sich um Hybride zu handeln, die sich auch fortpflanzen können. In Gefangenschaft wurden Große Tümmler mit 13 verschiedenen Spezies gepaart, berichtet sie weiter. Da gab es vermutlich keine weiteren Nachfahren.
Weiterhin ist es bekannt, dass Große Tümmler sich mit Kleinen Schwertwalen gepaart haben und die Nachkommenschaft auch fortpflanzungsfähig war. Bestätigt ist dies auch zwischen Finn- und Blauwalen.
Berühmt wurde auch die Geschichte von männlichen Großen Tümmlern, die ein fruchtbares Fleckendelfinweibchen entführten, um sich mit ihr zu paaren. D.h. sie eskortieren das Weibchen und drängten es von ihrer Gruppe ab und hielten sie am Meeresboden (Die Sandbänke auf den Bahamas sind Flachwassergebiete).

Also bei den Eroberungsriten geht es nicht gerade zimperlich zu, wenn es für die Männchen darum geht ans Ziel zu kommen. Doch Vergewaltigung kann es bei Delfinen nicht geben, denn der Paarungsakt muss koordiniert sein. Wenn es beim Vorgeplänkel und Vorspiel oft sehr ruppig zugeht, beim eigentlichen Geschlechtsakt muss das Weibchen mitspielen und mitkoordinieren, sonst klappt es nicht. Was für eine großartige Einrichtung der Natur.

Ein hoch entwickeltes Gehirn, um ein komplexes Leben zu steuern
Delfingesellschaften und ihre sozialen Strukturen und Rituale sind komplex, dem Menschen nicht unähnlich und es gibt so ziemlich nichts, was es nicht gibt. Die Komplexität der Beziehungen untereinander in einer Delfingesellschaft ist atemberaubend und wieder einmal wird deutlich wofür sie dieses große und weit entwickelte Gehirn benötigen.

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Vor La Gomera konnten wir das Liebesspiel der Delfine schon oft vom Boot aus beobachten, während es bei großen Walen kaum dokumentiertes Material gibt – sie tun es unbeobachtet in den blauen Weiten des Meeres… so gesehen bietet the Big Blue dann doch viel Privatsphäre.

Susanne Braack

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