Wie stellt sich die Situation für uns als Reiseveranstalter dar? Wie sehen wir das Reisen an sich und in der kommenden Zeit und für uns persönlich? Ein Versuch ein sehr komplexes Thema zu umreißen – sicherlich adressieren wir in diesem Text nicht alle Aspekte.
Wir sprechen bewusst unsere Gäste und Euch, als Reisende an. Wir selbst zählen uns nicht zur Tourismusbranche oder gar Tourismusindustrie, in der es um Quantität und selten um Qualität des Erlebens geht.
Insofern sehen wir das Reisen unter bestimmten Umständen nicht nur als kritisch, sondern auch als förderlich, zum Beispiel durch die wirtschaftliche Unterstützung für die lokale Bevölkerung in den Destinationen.
Laut einer Studie kommen 50% des gesamt CO2-Ausstoßes von Zementfabriken, der meiste Teil des Fliegens entfällt auf migratorische Reisen = Verwandtenbesuche, der Energieverbrauch der Digitalisierung ist schon lange an dem CO2 Ausstoß von Reisen vorbeigezogen – niemand fragt sich, kann ich den Film streamen oder das Handy benutzen?
Positive Fußabdrücke hinterlassen
Trotzdem heißt das, bewusster mit Flügen und Reisen umzugehen, solange die Technik des Fliegens noch kaum Klima freundliche Fortschritte macht. Grundsätzlich halten wir es mit Prof. Dr. Braungart:
„Produkte und Produktionsprozesse sollen so konzipiert sein, dass sie nicht nur weniger schädlich, sondern vielmehr nützlich für Mensch und Natur sind.“
Denn es gibt uns als Eingeborene auf diesem Planeten – und wenn wir uns ständig schuldig fühlen, weil es uns gibt und weil wir Fußabdrücke hinterlassen, (deswegen ist Flugscham für uns auch das Unwort des letzten Jahres) ist niemanden geholfen und vor allem stellt sich die Frage: Mit welcher Energie verbringen wir unser Leben?
Wir sehen, dass wir den Blick da weiter zoomen dürfen und auch den Verstand dehnen. Wir sind so eine intelligente Spezies und verfügen über dermaßen ausgefeilte Kapazitäten. Die Frage ist wohl eher: Soll diese Intelligenz und das Gute im Menschen weiterhin den Großkonzernen, Lobbyabteilungen sprich ausschließlich wirtschaftlichen Interessen untergeordnet bleiben? Dies war eine Zeit lang sinnvoll, doch jetzt ist es an der Zeit komplett neue Wege zu gehen.
Die Welt ein Dorf
Weiterhin geht es auch um den kulturellen und natürlich wirtschaftlichen Austausch, welcher auch gar nicht zurückzudrehen ist, in unserem globalisierten Weltdorf. Gerade jetzt in der Corona-Zeit spüren wir, was Abschottung auf allen Ebenen bedeutet, sozusagen erleben wir gerade einen extremen Schnelldurchlauf, was Rückzug „in alte Zeiten“ bedeutet. Manche Länder und Regionen leben ausschließlich vom Tourismus oder Reisebranche, so wie wir auch. Wer hätte sich vorstellen können, dass von einem Tag auf den anderen fast keine Flugzeuge mehr unterwegs sein würden? Vor März war das noch unvorstellbar, oder?
Viele Lebensbereiche von uns Menschen werden nun (hoffentlich!) neu angeschaut und durchsortiert. Auch die Touristikbranche, die zu einer Industrie geworden ist, muss sich einen kritischen Blick gefallen lassen. Denn in den letzten Jahrzehnten galt auch hier das Prinzip von schneller, höher, weiter und vor allem öfter. Billiger nicht zu vergessen! Die Auswirkungen in der jeweiligen Destination egal… (siehe Mallorca).
Wie auf unseren Ausfahrten auf dem Meer, gilt auch Land: Wir sind zu Gast, die Einheimischen die Gastgeber.
Das ist eine passende Haltung in unseren Augen.
Was ist Reisen und warum tut man es?
Reisen – neue Orte, spannende Menschen, fremde Landschaften und interessante Tierwelten, einzigartige Natur, faszinierende Kulturen, berührende Begegnungen, einzigartige Wow-Momente, regenerierendes Auftanken, pure Auszeit und Tapetenwechsel, Bildungs- und innere Erlebnisreisen. Eine Reise kann alles sein oder ein Aspekt des oben Genannten. Auf jeden Fall bringt es uns von A nach B. Wir gehen dorthin, weil wir etwas erwarten: Entspannung, Kopf frei kriegen, Inspirationen, neue Erlebnisse und Erfahrungen. Wir wollen etwas mitnehmen, dass unser Leben bereichert in irgendeiner Form. Für den einen ist es der ultimative Kick und für die andere einfach Erholung und Regeneration – für alle wahrscheinlich hoffentlich die Erfahrung von Glücksmomenten. Und fast jeder in unserer Gesellschaft kann es sich heutzutage leisten, was auch erst seit wenigen Jahrzehnten möglich ist.
Die Kraft der Selbsthilfe
Reisen, besonders das Fliegen, hat – neben dem Internet – die Welt zu einem Dorf gemacht. Viele Menschen, Inselgruppen und andere Gemeinschaften leben mittlerweile vom Tourismus und Regionen, werden durch den Besuch der fremdländischen Gäste oft gestärkt, kommen dabei in die Kraft der Selbsthilfe und zu mehr Wohlstand. Auch wird dadurch Bewusstsein für Artenschutz und ökologische Landwirtschaft.
Was wir auch viel gesehen haben, Regionen und Länder, die nicht auf die eigenen Füße kommen, werden dann von China „gerettet“. Eine in unseren Augen sehr bedenkliche Entwicklung.
Das WOFÜR ist so wichtig. Wie kann Reisen in der Neualiät nun aussehen?
Soll man nun oder nicht? Reisen in der Neualität heißt für uns:
- Für jede Reise ein starkes „Wofür“ zu haben, warum ich diese Reise mache. Wird die ausgewählte Reise einen positiven Einfluss auf mein Leben und das Leben anderer haben? Wie wäre es für Dich, wenn wir vor jeder Fernreise, Dich als unseren Gast nach Deinem Wofür fragen?
- Weniger oft, dafür länger in Urlaub.
- Unserer Meinung nach sollte das Reisen immer auch informierende, aufklärende und Bewusstsein schaffende Aspekte haben. Bildungsarbeit durch learning by travelling.
- Maximaler Innovationsdruck auf die Flugbranche. Kompromisslose Verbesserung der Kabinenluft. Keine Inlandsflüge mehr. Kerosinbesteuerung, realistische Flugpreise, Kurzstreckenflüge auf die Bahn verlegen. Bessere Gesetzgebung (z.B. haftet der Reiseveranstalter, wenn die Bahn sich im Rahmen eines Rail & Fly Tickets verspätet und muss für einen neuen Flug sorgen ????)
- Seriöse Preise, seriöser Umgang mit Kunden.
- Kreuzschifffahrt, wenn es sie weiter gehen soll, einer radikal grünen Revolution unterziehen.
- Wie wäre es, in dieser Krise, nachhaltige operierende, kleine Reiseveranstalter und Büros zu unterstützen, statt TUI, Lufthansa etc. das Geld in den Allerwertesten zu stecken?
- Aktuell wie je sind für uns die Kriterien des Forum Anders Reisen. Als Mitglied des forums haben wir uns früh für einen Nachhaltigkeitsprozeß entschieden. Dieses Siegel haben wir nun schon seit 10 Jahren. U.a. heißt es, dass unsere Gäste eine Mindestaufenthaltsdauer in den verschiedenen Destinationen haben. Weitere Infos dazu auf unserer
Auf der Suche nach dem Glück
Für mich ist Reisen eine Bereicherung im Leben, ich habe auf unseren Reisen unendlich viel gelernt und die Vielfalt und Schönheit unseres blauen Planeten bestaunt und Einblick und ein Gefühl für Menschen in anderen Kulturkreisen bekommen. Ganz abgesehen davon, dass in den letzten Jahren die Delfine und Wale im Fokus standen und sie mich auch gelehrt haben. Und es hat mich, Susanne, auch demütig gemacht, in welche Fülle wir in Europa leben dürfen! Persönlich muss ich nirgendwo hinreisen, um glücklich zu sein. Mir ist klar, dass ich Glück nur in mir selbst und in diesem Moment JETZT auf der Insel HIER finde. Wenn ich eine Wahl habe, würde ich wählen auch in Zukunft den ein oder anderen Ort auf dieser wunderschönen Erde zu besuchen. By the way nirgendwo habe ich so viel fürs Leben gelernt, wie auf Hawai’i…
Das EINE
Wir wollen reisen und halten z.B. Fliegen für eine Errungenschaft. Es ist wie mit allem im Leben. Wir haben das Maß der Dinge verloren – sind aus der Balance gefallen. Schneller, höher, weiter dominiert alles. Und beim Thema Reisen eben das „öfter“. 3 Tage Shoppen in New York, 5 Tage Dubai und über WE nach Mallorca oder Teneriffa (???).
Wir sind auf der Suche nach etwas da draußen in der Welt – was wir sowieso nur in uns finden können: Glück. Frieden. Freiheit. Jede/r hat da eine andere Definition. Und in der Tiefe wollen wir alle nur das Eine. 😊
Wenn uns das bewusst ist, reisen wir anders und vermutlich weniger oft. Wählen besser aus und wissen, dass die „Billig-Billig-Haltung“ der „Verbraucher“ nicht nur beim Fleisch, sondern auch beim Reisen zu keinen guten Ergebnissen führt.
Jede/r trägt seinen und ihren Teil dazu bei. Wir alle sind eingeladen umzudenken.
Wie in allen Lebensbereichen, sollten wir wissen, was wir tun. Um waches und bewusstes Handeln führt kein Weg drum herum.
Aloha aina. Susanne